Robin Hood (2018) - Unsere Filmkritik (2024)

Robin Hood, USA 2018 • 116 Min • Regie: Otto Bathurst • Mit: Taron Egerton, Jamie Foxx, Eve Hewson, Ben Mendelsohn, Tim Minchin, Jamie Dornan, F. Murray Abraham, Paul Anderson • FSK: n. n. b.• Kinostart: 10.01.2019 • Deutsche Website

Der junge Adlige Robin of Loxley (Taron Egerton) hat gerade sein Liebesglück mit der feschen Marian (Eve Hewson) gefunden, da wird er zum Dienst für das Vaterland im Dritten Kreuzzug einberufen. Als er vier Jahre später traumatisiert und desillusioniert in seine Heimat zurückkehrt, steht er buchstäblich und metaphorisch vor dem Ruin seines früheren Lebens. In seiner Abwesenheit wurde Robin für tot erklärt, sein Besitz wurde vom Sheriff von Nottingham (Ben Mendelsohn) als Kriegspfand eingezogen und seine Liebste ist inzwischen mit dem Gerechtigkeitskämpfer und aufstrebenden Politiker Will (Jamie Dornan) liiert. Neuen Lebensmut gibt ihm sein ehemaliger maurischer Feind Yahya alias John (Jamie Foxx), der zuvor Robins Sinn für Gerechtigkeit erkannte und sich einem Schiff nach England schmuggelte. Er wird zu Robins Mentor und spornt ihn an, gegen die privilegierten Verantwortlichen zu kämpfen, die den beiden viel Leid verursachten. Dazu soll Robin sie dort treffen, wo es weh tut: beim Geld. Nach einer Reihe immer gewagterer Raubzüge wird er als The Hood zum Volksheld für die Unterdrückten und einem Dorn im Auge des Sheriffs und der Kirche.

Robin Hood, der mythische mittelalterliche Kämpfer für soziale Gerechtigkeit und das Vorbild vieler Anarchisten, bekommt mit dem Filmdebüt des britischen TV-Regisseurs Otto Bathurst ("Peaky Blinders") eine revisionistische Frischzellenkur verpasst. Vollgespickt mit politischen Allegorien auf die Gegenwart, ist der neue, von Leonardo DiCaprio mitproduzierte Robin Hood zwar gut gemeint, verfehlt aber im Gegensatz zu seinem Titelhelden sein Ziel massiv.

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Bekanntlich raubte Robin Hood laut der Sage die Reichen und Adligen aus und gab das Geld an die Armen weiter. Der neue Film klaut dafür unverschämt bei Christopher Nolans Batman-Trilogie, Die Tribute von Panem, der "Assassin‘s Creed"-Spielereihe und Donald Trumps Reden, und versucht damit als hippe Robin-Hood-Version für Generation Z den armen Kinogängern Geld aus der Tasche zu ziehen. Leider hat der Film dabei jedoch nicht viel mehr zu bieten als Schall und Rauch (und Pfeile) und eine Handvoll guter, aber verschwendeter Darsteller.

Robin Hood (2018) - Unsere Filmkritik (1)"Ich würde euch sagen, in welchem Jahr diese Geschichte spielt, aber ich erinnere mich nicht." Mit dieser Voiceover-Ansage beginnt das neue Abenteuer von Robin Hood und schafft die Grundlage für eine anachronistische Interpretation der Legende. Obwohl der Dritte Kreuzzug den zeitlichen Rahmen als Ende des 12. Jahrhunderts vorgibt, kommt man nicht umhin, sich während des Films zu fragen, ob das Ganze nicht doch eine Dystopie sein soll, die in ferner Zukunft angesiedelt ist. Das Armenviertel von Nottingham, in Film ominös als "die Minen" genannt, sieht wie eine Mischung aus den Panem-Distrikten und einem riesigen Stahlwerk aus. Mittendrin in diesen rußgeschwärzten Slums lebt auch Eve Hewsons Marian, perfekt gestylt und mit Outfits, die sie offenbar soeben in der Nottingham-Filiale von H&M eingekauft hat. Auch die Bekleidung der anderen Hauptfiguren sieht ähnlich unzeitgemäß aus. Natürlich ist das kein gravierender Fehler der Kostümbildner der Produktion, sondern eine bewusste Entscheidung der Macher. Kann man machen. Schließlich hat Ritter aus Leidenschaft vor 17 Jahren schon eine anachronistische Version des Mittelalters in die Kinos gebracht. Es würde Brian Helgelands Film jedoch ein Unrecht tun, ihn mit Robin Hood anno 2018 zu vergleichen. Bei Ritter aus Leidenschaft ging das Konzept dank viel Augenzwinkern und unbekümmerter Attitüde gut auf. Der modernisierte Robin Hood zieht es hingegen mit der Ernsthaftigkeit eines Totengräbers durch, verzweifelt darum bemüht, für das Publikum von heute hip und relevant zu sein.

Robin Hood (2018) - Unsere Filmkritik (2)Das erstreckt sich auch auf die Dialoge ("I wanna go big!") und die Actionsequenzen. Die Kriegsszenen in "Arabien" zu Filmbeginn sollen die moderne Kriegsrealität in Irak oder Afghanistan widerspiegeln. Daher sehen Robin und die anderen Kreuzritter in ihren Schutzwesten darin so aus, als seien sie geradewegs in eine Szene aus American Sniper hereingestolpert und man hätte die Sturmgewehre per Photoshop mit Bögen ersetzt. Passend dazu gibt es auch ein Quasi-Maschinengewehr, das mit Pfeilen schießt, eine Pfeile-Bazooka (!) und mehr Explosionen, als man einem Film über das 12. Jahrhundert zumuten sollte.

Nach diesen "Call of Duty: Medieval Warfare"-Szenen widmet sich der Film seiner eigentlichen Ambition: aus Robin Hood einen Superhelden zu machen. Genau genommen, einen bestimmten Superhelden. Wenn unser Held bei Tag als Robin of Loxley, ein reicher, sorgloser Gönner der Kirche in der Öffentlichkeit auftritt, und bei Nacht als The Hood deren Schatztruhen ausräumt, liegt der Vergleich zum Doppelleben eines gewissen Bruce Wayne auf der Hand. Oder auch zur Serienversion von Green Arrow, der die Fans des DC-Superhelden sowieso schon lange vorwerfen, aus ihm Batman mit Pfeil und Bogen gemacht zu haben. Anders gesagt: Taron Egerton spielt Robin Hood als Green Arrow als Batman aus Nolans Filmen.

Robin Hood (2018) - Unsere Filmkritik (3)Der Kingsman-Star ist sympathisch und mit seiner jugendlichen Energie wäre er bestens dazu geeignet gewesen, seinen Robin Hood von den jüngsten Darbietungen von Russell Crowe und Kevin Costner abzugrenzen. Doch der Film verschwendet seinen natürlichen Charme, sattelt ihn mit einem Liebesdreieck sowie einer zum ungünstigsten Zeitpunkt plötzlich auftretenden PTSD und zwingt ihn in die engen Vorgaben eines Superhelden-Origins-Films.

Die meisten anderen Darsteller kommen leider nicht besser weg. Jamie Foxx knurrt sich durch den Film und wirkt die meiste Zeit genervt davon, dass er überhaupt dabei ist. Tim Minchins Simon-Pegg-Imitation als Bruder Tuck entlockt nicht die erhofften Lacher. Shades-of-Grey-Star Jamie Dornan hat als Will Scarlet die undankbarste Rolle des Films. F. Murray Abraham spielt einfach den Strippenzieher Dar Adal aus "Homeland" weiter, hier jedoch in einer Kardinalsrobe. Bonos Tochter Eve Hewson macht bei Marians Einführung als mutige, draufgängerische Diebin (mit einem ablenkend tiefen Dekolletee) noch einen vielversprechenden Eindruck, doch sie verkommt schnell zu einer weitgehend passiven Figur, deren größter Zweck darin besteht, den Konflikt zwischen Robin und Will anzuheizen. Dabei hat sie leider weder mit Egerton noch mit Dornan jegliche Chemie. Die Figuren in Disneys 80-minütigem Robin-Hood-Zeichentrick, in dem Robin ein Fuchs und Little John ein Bär waren, waren sympathischer und vielschichtiger als in der neuen Version.

Robin Hood (2018) - Unsere Filmkritik (4)Am besten behauptet sich noch Ben Mendelsohn, Christoph Waltz' inoffizieller Nachfolger als Hollywoods erste Wahl für Schurkenrollen (Rogue One, Ready Player One). Als jahrgangsbester Absolvent der Al-Pacino-Schule des überlauten Overactings haz er die besten Zeilen des Drehbuchs und droht anderen Charakteren an, sie in Schweineblut zu ertränken oder in Pisse zu kochen. Dazu bekommt der Sheriff im Gegensatz zu allen anderen Figuren sogar eine zusätzliche Dimension, als der Film auf die Idee kommt, Kindesmissbrauch durch Priester zu einem seiner weiteren Themen zu machen.

Ja, das neue Abenteuer des berühmten Schlitzohrs Robin Hood enthält unsubtile Anspielungen auf moderne Kirchenskandale, von Machtgier motivierte Kriege, die Ausbeutung der 99% (man denke "Occupy Notthingham") und leidenschaftliche Hetzreden gegen den Islam. Leider wirkt das alles nicht annähernd so clever und aufgeklärt, wie der Film es gerne hätte, sondern aufgesetzt bis hin zu deplatziert. Als Actionfilm ist Robin Hood leider auch nicht viel abzugewinnen. Erreichen die frühen Kriegsszenen noch einen gewissen Grad an Intensität und Unmittelbarkeit, werden diese später durch Dunkelheit und ultrahektischen Schnitt zunichte gemacht. Wenn Robin Hood durch die Luft fliegt und dabei seine Pfeile in Zeitlupe abfeuert, wirkt das nicht annähernd so cool, wie vom Regisseur beabsichtigt. Und weder eine Trainingsmontage à la Rocky noch die Hans-Zimmer-lite-Musik machen aus diesem Film einen Batman Begins, so gerne er das auch wäre.

Robin Hood (2018) - Unsere Filmkritik (5)Als der Film dann mit einer Enthüllung im dritten Akt und dem dummdreisten Ende, das eine Fortsetzung vorbereitet, die niemals kommen wird, endgültig ins Absurde abgleitet, wird der neue Robin Hood auf eine gewisse Weise sogar faszinierend, wenn auch keineswegs gut. So sehr der Film nach der Sternen greift, die besten Vergleiche sind Peter Hyams' The Musketeer und Guy Ritchies letztjähriger King Arthur: Legend of the Sword. Beide Filme versuchten ebenfalls, einen angestaubten Heldenmythos zu modernisieren, und fielen damit auf die Fresse. "Vergesst die Geschichte. Vergesst, was ihr glaubt. Vergesst, was ihr wisst", ermahnt zu Beginn die Stimme aus dem Off, was hinterher als präventive Ausrede für die vielen Fehltritte des Films interpretiert werden kann. Die Zuschauer werden den Rat vermutlich treu befolgen und auch diesen Film sehr schnell vergessen.

So sehr der neue Robin Hood auch hip, modern und relevant sein möchte, es steckt kein Funken Originalität in dem aus zahlreichen besseren Vorbildern zusammengeklauten Streifen, dessen politische Intentionen gut gemeint sind, aber letztlich hohl klingen. Lediglich Ben Mendelsohns amüsant überzogene Performance als Bösewicht und die zunehmende Absurdität des Plots bleiben nach diesem stumpfen Filmerlebnis in Erinnerung.

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